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Ein Stück Musikgeschichte?

Am Album Remixes 81-04 von Depeche Mode scheiden sich die Geister

von Matthias Franz

 

 

In den achtziger Jahren schrieben sie Musikgeschichte mit Hits wie Just Can’t Get Enough (1981), People Are People (1984) und Strangelove (1987). In den neunziger Jahren folgten Welt-Hits wie Enjoy The Silence (1990), I Feel You (1993) und It’s No Good (1997). Und auch in diesem Jahrtausend zeigten sie mit dem Hit Dream On (2001), dass mit ihnen noch zu rechnen ist. Dieses Jahr sorgten Depeche Mode mit dem Album Remixes 81 – 04 bei ihren Fans für Diskussionen wie kaum eine andere Band.

An dieser Remix-Sammlung scheiden sich wahrlich die Geister: Für die einen unnötig wie ein Kropf, für die anderen eine wertvolle Zusammenstellung aus 23 Jahren Musikeschichte, speziell aus der Geschichte des Remixes.

„Keine Person oder Gruppe hat den Remix erfunden“, schreibt Paul Morley im Booklet zum Remix-Album. „Es lag in der Luft, es passierte einfach.“ Und Depeche Mode, so Morley waren von Anfang an dabei. Zunächst legten sie selbst Hand an ihren Songs an – zusammen mit ihrem Produzenten Daniel Miller. So entstanden bereits 1981 die ersten Remixe.

Es folgten Personen und Gruppen, die Depeche Mode nahe standen In den neunziger Jahren und danach waren es bekannte Gruppen und Künstler, die Depeche Mode Songs zu Remixen verarbeiten durften: Air, Underworld, Kruder + Dorfmeister, Goldfrapp, DJ Muggs von Cypress Hill oder Mike Shinoda von Linkin Park.

Schnelle Beats und Schlagzeugsoli

Dass Depeche Mode mit der Auswahl der Remixer nicht immer ein glückliches Händchen bewiesen haben, zeigen die beiden Schwachpunkte des Albums: Bei DJ Muggs Version von Freelove entsteht der Eindruck, als hätte der Remixer in Harmonielehre geschlafen. Melodie und Akkorde wollen überhaupt nicht zusammenpassen. Einen Patzer leisteten sich auch Underworld mit ihrer neunminütigen Version von Barrel Of A Gun: Der Underworld Hard Mix klingt mehr nach Underworlds größtem Hit Born Slippy aus dem Film Trainspotting als nach Depeche Mode. Ein rasend schneller Beat verbunden mit Gesangsfetzen aus dem Original-Song macht eben noch lange keinen guten Remix aus.

Generell erweisen sich die Remixe als die besseren, in der die ursprüngliche Struktur des Songs erhalten bleibt. So zum Beispiel der Split Mix von Never Let Me Down Again, ein Remix von Depeche Mode selbst zusammen mit Dave Bascombe. Oder der Beatmasters Mix von Route 66. Die Beatmasters werten den Song, eine Coverversion eines alten US-Hits, den auch schon die Rolling Stones gesungen hatten, mit einem Schlagzeug-Solo und mit Sprachsamples aus amerikanischen Funkgeräten auf. Oder die Kruder + Dorfmeister Session von Useless. Elektro-Jazz vom Feinsten.

Die Perlen sind auf der Bonus-CD

Als das Album veröffentlicht wurde, ging ein Aufschrei durch die Fangemeinde. „Unnötig wie ein Kropf“, so lässt sich der Unmut zusammenfassen, den die Fans im Forum auf depechemode.de äußern. Denn das Album bietet nichts wirklich neues. Jeder der 24 Remixe der Doppel-CD ist bereits vorher erschienen, nur für einen einzigen Remix war es wenigstens eine CD-Premiere.

Für Fans dürfte nur die Bonus-CD in der limitierten Ausgabe mit drei CDs interessant sein. Um die Bonus-CD zu bekommen, mussten sie aber auch die anderen beiden CDs mit längst bekanntem Material kaufen. Hier hätte die Plattenfirma Mute den Fans etwas entgegenkommen und die Bonus-CD extra veröffentlichen können.

Dort verbergen sich nämlich die wahren Perlen: Raritäten wie der Remix von A Question Of Lust, der bislang unveröffentlichte Daniel Miller Mix von World In My Eyes, die vollständige Version des Random Carpet Mix von Walking In My Shoes, fabriziert von Madonna-Produzent William Orbit, und sieben neue Remixes, darunter Mike Shinodas Version von Enjoy The Silence, die bereits auf den Musikkanälen und im Radio zu hören war.

Unter den sieben neuen Mixen befinden sich auch die beiden besten des Albums: Der Ulrich Schnauss Remix von Little 15 besticht durch neue, ungewöhnliche, aber passende Harmonien und einen ruhigen, elektronischen Klangteppich, der Beweis, dass ein guter Remix nicht immer tanzbar sein muss.

Für den Goldfrapp Remix griff Sängerin Allison Goldfrapp selbst zum Mikrofon – das Ergebnis ist ein ruhiges Duett mit Depeche Mode-Sänger Dave Gahan, das fast schon opernhafte Züge trägt – ein musikalischer Genuss.

Eine Enttäuschung dagegen LFO mit ihrem Remix von Lie To Me. LFO brauchen lange, bis sie die richtige Stimmung gefunden haben, und vor allem im Anfangsteil passen die Akkorde nicht zur Melodie – harmonisch ein Graus.

Unnötig wie ein Kropf?

Sollen die Fans das Album doch als unnötig wie ein Kropf empfinden. Der Musikliebhaber abseits des engsten Fankreises wird hier das gesamte Spektrum der elektronischen Musik bis hin zu Ausflügen in die Rockmusik vorfinden. Leider sind für die Sammlung nicht immer die besten Remixe ausgewählt worden. Das zeigen Fehlgriffe wie die Remixe von Underworld und DJ Muggs.

Für Freunde elektronischer Musik ist diese Sammlung trotzdem unverzichtbar: Remixes 81-04 bietet Einblicke in die Geschichte des Remixes von den achtziger Jahren bis heute. Selten war ein Album einer Band vielseitiger und abwechslungsreicher.


Kontakt: mail(at)matthias-franz(punkt)de
 
 

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